Das Soziale sollte für die Kultur selbstverständlich sein!

Um es gleich vorwegzunehmen: Soziale Kultur bedeutet nicht das Zuschaustellen von „Mitleidskunst“, wenn es denn so etwas überhaupt gibt! Das aktive Gestalten einer inklusiven Gesellschaft und die Konzeption eines professionellen Kulturprogramms schließen sich überhaupt gar nicht aus.
Wer an Inklusion denkt, denkt häufig zunächst an die Einbeziehung von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft. Es scheint der Gedanke einer gewissen Beschränkungslosigkeit dahinter zu stecken, die ihren Ursprung in der richtigen Annahme hat, dass Menschen mit einer Behinderung der Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe durch ihre Behinderung nicht in Gänze möglich ist. Richtiger formuliert bedeutet Inklusion aber die Einbeziehung bislang ausgeschlossener Akteure in ein System. Das bedeutet also, dass das Wort Inklusion einen Prozess beschreibt, der sein Ende dann findet, wenn allen Menschen – egal welche besonderen Merkmale auch vorliegen mögen – eine gesellschaftliche Teilhabe möglich ist. Dieses kann also neben einer Behinderung auch der Glaube, die sexuelle Orientierung, die Herkunft u.v.m. sein.
Die Kultur bietet sich als Prototyp einer inklusiven Gesellschaft gerade zu an!
Kultur bezeichnet im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbst gestaltend
hervorbringt.
Von Einschränkungen, von einer Qualitätsdefinition oder von einer Qualifizierung des Menschen ist hier nicht die Rede! Also dürfen alle! Inklusion ist erreicht! Doch ganz so leicht ist es auch nicht!
Es braucht an dieser Stelle offensichtlicher Weise gesellschaftlichen Nachhilfeunterricht! Dabei ist aber auch wichtig, dass es jedem offensteht, nach Geschmack und persönlicher Präferenz zu urteilen! Es muss einem nicht alles gefallen, was ein Mensch mit einer Behinderung gemacht hat, nur weil man sonst befürchtet, nicht dem Anspruch der Political Correctness zu entsprechen. Mitleidsbeifall ist ohnehin jeder*m Künstler*in ein Graus!
Sei 6 Jahren arbeitet das Kleine Theater Haar mit der Freien Bühne München zusammen, einem professionellen Schauspielensemble, in dem Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenarbeiten und kreatives Theater bieten. Wer die Inszenierungen gesehen hat wird wahrscheinlich merken, dass er die erste halbe Stunde noch rätselt, wer denn von den Schauspielerinnen mit einem Handicap unterwegs ist, spätestens wenn man merkt, dass es qualitativ keine Rolle spielt, gibt man seine Suche nach dem „Besonderen“ auf und genießt die Inszenierung.

Das kbo-Sozialpsychiatrische Zentrum trägt mit seiner Kulturarbeit gerade zur Entstigmatisierung psychisch erkrankter Menschen bei. Egal, ob es um die SeelenART-Projekte, oder um das Theater geht. Immer ist es dieser Gedanke die Triebfeder. Der Bezirk Oberbayern setzt mit seinen Kulturprojekten ein sehr deutliches Zeichen für das Kernthema Inklusion. Das Kulturfestival ZAMMA (jedes Projekt muss inklusiv, innovativ, nachhaltig und vernetzt sein), oder die Galerie Bezirk Oberbayern mit ihrem Anspruch „Kultur inklusive“ zeigen dieses in beeindruckender Weise! Und das Kleine Theater selbst? – Das ist schon im Bereich der Mitarbeitenden ein ziemlich bunter Haufen! Aber das Wesentliche ist wohl, dass es dem gesellschaftlichen Querschnitt auch in künstlerischer Hinsicht Raum bietet! Alles darf, nichts muss! Nur wenn es ist, dann ist es Qualität. Eine Rolle, wer diese Qualität gestaltet, woher der Mensch kommt, welche persönlichen Vorlieben es gibt, welche „Special Effects“ vorliegen, spielt es nicht. Wichtig ist nur, dass sich im Kleinen Theater Haar alle Menschen auf Augenhöhe begegnen – Künstlerinnen, Gäste, Mitarbeitende!
Das verstehen wir nämlich unter gelebter sozialer Kultur!

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